Lausitzer Rundschau – Auferstehung des Zweitakters

Auferstehung des Zweitakters

Der Zweitaktmotor ist Geschichte, er „war nicht das Goldene vom Ei“, sagt Sven Fuhrmann vom Trabantclub Weißwasser. Dem Zweitaktmotor gehört die Zukunft, „wenn er so sauber und leistungsstark ist wie unserer“, schwören Vater Holger und Sohn Lars Arens. 2013 wollen sie einen 30-PS-Bootsmotor auf den Markt bringen. Es wäre der erste deutsche Bootsmotor seit Jahrzehnten. Von Rolf Bartonek
Er ist laut, er stinkt, seine Emissionswerte bekommt niemand in den Griff. So lauten die heute gängigen Urteile über den Zweitaktmotor, der den Lausitzern aus Trabant und Wartburg noch bestens bekannt ist und der als „Forelle“ auch Boote antrieb. Sogar Sven Fuhrmann, der als einer der Macher im Trabantclub Weißwasser viel übrig hat für automobile Nostalgie, glaubt nicht an eine Renaissance des Zweitaktprinzips. Zwar verursache ein Zweitakter wenig Stickoxide, aber insgesamt seien die Emissionen zu hoch. Als Alternative zum Viertakter sieht Fuhrmann da schon eher den Wankelmotor. Wenn der weiterentwickelt würde, das wäre klasse.“

Neues Urteil

Vielleicht irrt Fuhrmann aber auch. Denn es gibt ein neues Urteil über den Zweitakter: Er ist leise, sauber und emissionsarm wie ein Viertakter, dabei aber viel leichter und kompakter, versichern Holger und Lars Arens, die in Berlin-Weißensee eine eigene Metallbaufirma führen. Die Arens‘ besitzen eine lange Familientradition im Zweitakt-Motorenbau. Großvater Rudolf hat bereits in den 1960er-Jahren solche Motoren gewartet und weiterentwickelt, erst für K-Wagen, dann für Rennboote. Holger Arens stellte in den 1980er-Jahren sogar eigene Rennboot-Motoren her. Er gehörte zum DDR-Nationalteam im Rennbootsport. Sohn Lars, der Maschinenbau studierte, hat nach einer längeren Pause die Arens-Motorenentwicklung neu belebt.

Für normale Boote bestimmt

Der 30-PS-Zweizylinder-Boxer-Motor, der unter seiner Federführung entstand und derzeit den letzten Feinschliff erhält, ist für normale Boote bestimmt. Er soll auf den Binnengewässern zur Dominanz von Antrieben aus Japan und den USA eine Alternative bieten, die es in sich hat. Weltweit erstmals werde bei einem Motorenwinzling von nur 250 Kubikzentimetern Hubraum eine Hochdruck-Direkteinspritzung realisiert, erklärt Lars Arens. Er spricht von Drücken zwischen 110 bis 120 Bar. Die Pumpe dafür ist eine Eigenentwicklung. Geplant sind auch Ein- und Vierzylinder-Motoren mit einer Leistungsspanne von zehn bis 100 PS. Im Vergleich zu Viertaktern, die über mehr Bauteile wie Ventile und Nockenwelle verfügen, liegt die Gewichtsersparnis je nach Motorvariante zwischen 20 und 40 Prozent.

Aber ist der Motor wirklich sauber? Das Hauptproblem der alten Vergaser-Zweitaktmotoren besteht in der unvollständigen Verbrennung des angesaugten Kraftstoff-Luftgemischs. Ein kleiner Teil des Gemischs wird kurz nach dem Zünden von frischem nachströmendem Gemisch in den Abgaskanal verdrängt, sobald der abwärts wandernde Kolben den Zustromkanal freigibt. Mit der Hochdruck-Direkteinspritzung lässt sich die Benzinzufuhr nun exakt dosieren.

Über den Zustromkanal kommt nur noch Luft. Gemischbildung und Verbrennung werden elektronisch geregelt. Holger und Lars Arens versichern, dass sich mit ihrem Motor alle Emissionsvorgaben einhalten lassen. Das beim Zweitakter notwendige Öl im Kraftstoff wird separat zugegeben über Bohrungen in der Kurbelwelle.

Aber ist der Motor wirklich leise? „Wir arbeiten mit einem Dämpfer, der das Geräusch hinter dem Motor schräg abwärts zum Wasser hin ableitet“, sagt Lars Arens. „Außerdem nutzen wir den Wassermantel des Kühlsystems gleichzeitig für die Geräuschdämmung. Unser Motor soll nicht lauter sein als ein Viertakter.“ Es ist geplant, 2013 zunächst etwa 500 Motoren herzustellen. Die Firma Arens hat dazu ein Kooperationsnetzwerk mittelständischer Unternehmen ins Leben gerufen. Arens selbst wird die Montage ausführen und zu den bislang zwölf Mitarbeitern vier weitere einstellen.

Weitaus größer ist das Vermarktungsrisiko. Denn die kleinen Mittelständler treten in direkte Konkurrenz zu Konzernen mit etablierten Marken wie Yamaha, Honda, Suzuki, Mercury, Johnson und Mariner. Über den Preis kann Arens in diesem Wettbewerb nie erfolgreich sein. Im Gegenteil. Arens-Motoren werden sogar etwas teurer sein als die am Markt gängigen Modelle. Ein 30-PS-Viertakter von Yamaha kostet derzeit ab 5500 Euro.

Gedacht als Nischenprodukt

Wir begreifen unseren Motor als Nischenprodukt für Individualisten, erklären die Firmenchefs. So bezeichnen sie Kunden, denen es wichtig ist, einen besonders kleinen und leichten Motor zu besitzen, dessen Kompaktheit außerdem ein futuristisch gestyltes Gehäuse zulässt. Individualisten, das sind für sie auch Kunden, die nach Jahrzehnten deutscher Abstinenz auf dem Bootsmotoren-Markt wieder mal ein innovatives einheimisches Produkt bevorzugen. Die Gespräche mit Händlern haben begonnen.

Quelle: Lausitzer Rundschau